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15,95 

Klaus Schnitzler / Karl-Josef Nolden

Kindertransporte

Überlebt, aber nicht überwunden.
Das Schicksal der Helga Leiser aus Drove

 

Gebet einer Mutter, deren Kind in der Fremde ist

»In der Fremde, fern vom Elternhaus, fern vom Vaterherzen, von Muttertreue und Sorgfalt, lebt mein Kind, und ich, deren süßeste Freude es wäre, über seine Gesundheit zu wachen, jeden seiner Schritte zu hüten, es mit nie versiegender Liebe und Treue zu umgeben – ich bin fern von ihm.«

Aus: Neuda, Stunden der Andacht, ein Gebet- und Erbauungsbuch für Israels Frauen und Jungfrauen, Prag 1916 in 24. Auflage, ein ständiger Begleiter von Helga Leiser seit ihrer Kindheit.

„Es ist ein furchtbares Gefühl, ich lebe hier wie im Schlaraffenland ... wann kommt ihr endlich nach?“, schreibt die vierzehnjährige Helga Leiser sinngemäß immer wieder seit Juni 1939 aus England an ihre Eltern. „Liebes gutes Hümmel­chen, wir kommen wieder nicht zum Reisen ...“, antworten die Eltern stets aus Drove oder: „Habe Geduld, Gott hilft“ und „Wir warten noch auf Bürgschaft.“ Was für eine unglaubliche seelische Belastung für alle, und was für ein Terror! In England die Tochter Helga in Sicherheit, aber elternlos, zu früh und brutal erwachsen geworden. Und hier in Drove die Eltern Isidor und Billa und die Tanten Jutta und Selma in ständiger Gefahr, den mordenden Nazis nicht mehr entfliehen zu können. Einerseits Erleichterung über die Rettung ihrer Tochter Helga und andrerseits Angst vor den Nazis. Sehnsucht und Sorge auf beiden Seiten und die Hoffnung, dass doch alles gut wird. All das liest sich in den Briefen, die von 1939 bis 1942 zwischen Helga Leiser in England und ihren Eltern Isidor und Billa Leiser in Drove hin und her gingen, bis diese in das Ghetto in Izbica deportiert und schließlich ermordet wurden. Die Briefe verschlagen einem oft den Atem, wie Mutter und Vater versuchen, das Familienleben über Zeit und Raum zu bewahren. Vater Isidor versucht, seine Erziehungsgrundsätze durchzusetzen, und Mutter Billa berät ihre Tochter in allen Lebensfragen. Die Angst um das Kind kriecht zwischen die geschriebenen Zeilen; über allem liegt der deutsche Wahnsinn jener Jahre, der in den vielen Briefen konserviert wurde. Diese sind schließlich Dokumente gegen das Vergessen.

Das Schicksal der Familie Leiser bewegt den Leser wahrscheinlich mehr als die abstrakte Zahl von 6 Millionen ermordeten Juden in irgendeinem statistischen Zusammenhang. Dieses Einzelschicksal ist anfassbar, ein Schicksal aus dem eigenen Dorf, aus der eigenen Straße und aus der eigenen Nachbarschaft.

In diesem Drover heimatgeschichtlichen Band werden der größte Teil der mehr als 300 Briefe veröffentlicht, die die Eltern, Verwandte, Nachbarn und Freunde an Helga geschrieben haben. Das einzigartige Material, das der Geschichtsverein Drove von einer Nichte Helgas, Mimi Rose aus Amerika, vermittelt durch Stefan Kahlen, erhalten hat, bildet den Mittelpunkt dieses Buches. Das Ergebnis ist eine bewegende, aber nicht sentimentale Lektüre, die den Holocaust aus einem völlig anderen Blickwinkel zeigt.

Wir danken Miriam (Mimi) Rose, geb. Voss, aus Albuquerque, New Mexico, USA, für die Überlassung der Briefe und Dokumente und auch Herrn Stefan Kahlen, der den Kontakt zu der Nichte Helgas vermittelt hat. Ohne die finanzielle Unterstützung der Gemeinde Kreuzau und der Familie Karl-Josef und Heidi Nolden wäre die Veröffentlichung dieses Buches durch den Geschichtsverein Drove nicht möglich gewesen.

Der Geschichts- und Heimatverein Drove – Boich – Thum
Karl-Josef Nolden, Klaus Schnitzler

 

Inhalt

  1. Vorwort
  2. Helgas Kindheit in Drove
  3. Die Pogromnacht und die Kindertransporte
  4. Im fremden England
  5. Das Durchgangslager Izbica
  6. Leben mit der Vergangenheit in Amerika
  7. Eine Reise in die Vergangenheit
  8. Gedenken an Helga
  9. Oscarnominierung: Film »Kindertransport«

 

 

136 Seiten
zahlr. Abb., 16,5 x 22,5 cm, geb.
Hahne & Schloemer Verlag, Düren 2015
ISBN 978-3-942513-34-0
Preis: 15,95 €

ACHTUNG: Bei Lieferung ins Ausland entstehen Versandkosten

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