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19,50 

Birgit Meuser / Gerd Ophoven

90 Jahre Atelier Ophoven

1862 bis 1952 · »Königlicher Hoffotograf« zu Düren und Nachfahren

Das alte Düren ist am 16. November 1944 zum größten Teil untergegangen. Die Erinnerung daran muss sich weitgehend aus Fotografien speisen, die uns überliefert sind. Einen großen Teil davon verdanken wir der Fotografenfamilie Ophoven, die über drei Generationen und 90 Jahre hinweg unsere Stadt in vielen Facetten porträtiert hat.

Birgit Meuser hat es unternommen, in Zusammenarbeit mit Gerd Ophoven Leben und Wirken dieser Familie in und für Düren nachzuzeichnen. Seit Mathias Ophoven 1862 ein fotografisches Atelier in Düren eröffnete, haben er und sein Sohn Robert der Stadt ein bildnerisches Vermächtnis von unschätzbarem Wert hinterlassen. Enkel Theo schließlich verschlug der Krieg nach Husum, wo auch sein Vater seine letzten Lebensjahre verbrachte.

Mit der Erfindung der Fotografie, nach einem ihrer Väter anfangs noch "Daguerreotypie" genannt, eröffneten sich für bildnerisches Schaffen seit Mitte des 19. Jahrhunderts ganz neue Möglichkeiten. Durch rasche Fortentwicklung wurden Fotografien, anfangs nur für betuchte Kreise erschwinglich, zunehmend populär. Ein Besuch in einem Atelier war aber immer noch ein Ereignis, die Aufnahmen sorgfältig inszeniert. Das Ergebnis waren anfangs sogenannte "Cartes de Visite" mit Personenaufnahmen, die die Abgebildeten in einem möglichst positiven Licht erscheinen lassen sollten.

Mathias Ophoven, Jahrgang 1838, hatte nach einer abgebrochenen Schlosserlehre sein Herz für das neue Medium entdeckt und machte bei seinem älteren Bruder Joseph, der in Lippstadt schon ein eigenes Atelier aufgemacht hatte, eine Ausbildung zum Fotografen. 1861 kehrte er nach Düren zurück und eröffnete hier sein eigenes Geschäft, allerdings nicht das erste am Ort, denn zu diesem Zeitpunkt gab es bereits einige andere Fotografen in Düren. Die technischen Verfahren hatten sich schnell weiterentwickelt, so dass Aufnahmen jetzt bedeutend schneller, unaufwändiger und damit auch billiger herzustellen waren.

Ophovens erstes Atelier befand sich in der Eisenbahnstraße "bei dem Wirthe Herrn Wilh. Hoch", wie ein Inserat im "Dürener Anzeiger" von Ende November 1862 verkündet. Kurze Zeit später schon verlegt er sein Geschäft an den Viehmarkt, den heutigen Kaiserplatz. Seine Arbeiten "erfreuen sich bis in's kleinste Detail der höchsten Vollkommenheit und der genauesten Präcision", wie ein begeisterter Leserbrief an den Dürener "Verkündiger" schwärmt.

In den 1870er Jahren erlaubte das handlicher gewordene technische Equipment auch Aufnahmen außerhalb der Ateliers. Mathias Ophoven lichtet jetzt die schöne Rureifel ab, viele dieser Fotografien erscheinen später als Postkarten im Dürener Verlag Peter Peters und anderen. Auch seine Aufnahmen von "Alt Düren" erscheinen in diesem Verlag als Postkartenserie.

Anlässlich einer Kamerafahrt in die Rureifel begegnete Mathias Ophoven der belgischen Königin Marie Henriette, die von einem Kuraufenthalt in Aachen aus einen Ausflug in die Eifel unternahm. Sie bat Ophoven, ihr ein Album mit seinen schönsten Aufnahmen zu schicken. Daraus entstand, nach einigem diplomatischem Notenwechsel, die Berechtigung für Ophoven, sich den Titel "Königlicher Hofphotograph" beilegen zu dürfen, was er von nun an stolz auf seine Fotografien druckte. Allerdings konnte er selbst sich dieser Auszeichnung nicht allzu lange freuen, denn schon 1886, gerade mal 47 Jahre alt, starb er infolge eines Herzleidens.

Es gehörte in jener Zeit zu den absoluten Ausnahmen, dass seine Witwe Lucia das Atelier nicht nur fortführte, sondern auch selbst mitarbeitete. Trotzdem war es wohl ein Akt der Vernunft, dass sie im Jahre 1889 den von ihr eingesetzten, zehn Jahre jüngeren Geschäftsführer Dietrich Vollendorf heiratete, der von nun an als Atelierinhaber firmierte.

Ob der Beruf des Fotografen so aufreibend war oder es eine andere Ursache gab: Auch Dietrich Vollendorf starb schon wenige Jahre später, im Alter von nur 38 Jahren.

Glücklicherweise hatte sich der jüngste Sohn, Robert Ophoven, ebenfalls für die Fotografie begeistert und mit 20 Jahren schon seine Ausbildung abgeschlossen, sogar schon einige Zeit bei einem Brüsseler Hoffotografen gearbeitet. Nach einigen Jahren der Hospitation im elterlichen Betrieb wurde er schließlich 1901 Nachfolger seines Vaters und Inhaber des Ateliers, das sich mittlerweile in der Oberstraße 35 befand. Eine erste Probe seines Könnens hatte er zwei Jahre vorher abgeliefert mit den Fotografien für den im Verlag Solinus erschienenen Stadtführer "Düren in Wort und Bild", ohne dass er allerdings als Urheber genannt war. Das erfuhr die Öffentlichkeit erst bei der zweiten, 1906 erschienenen Auflage.

Robert Ophoven beschränkte sich nicht auf Porträt- oder Architekturaufnahmen. Bereits 1903 veröffentlichte er als eine Art Reportage Fotos aus dem fast völlig abgebrannten Dorf Hürtgen, die er in seinem Schaufenster ausstellte. 1914 beauftragte ihn die "Dürener Zeitung" mit Fotos von der Unglücksstelle der Explosion in der Schießwollfabrik, bei der acht Menschen ums Leben kamen – zwei Beispiele für das neue Selbstverständnis des Bildkünstlers Ophoven, der sich zunehmend auch als Chronist seiner Vaterstadt verstand. So verdanken wir ihm viele Fotografien von gesellschaftlichen Ereignissen in Düren, etwa dem großen Festumzug der Ewaldus-Schützengilde im Jahre 1910 mit mehr als 1600 Teilnehmern, 140 Pferden und mehreren Prachtwagen.

1926 konnte er sein 25jähriges Jubiläum als Atelierinhaber feiern, 1934 begann der jüngste Sohn, Theodor Ophoven, seine Ausbildung zum Fotografen. Als sich im weiteren Verlauf der 1930er Jahre immer stärker die Möglichkeit eines kommenden Krieges abzeichnete, sorgte sich Robert Ophoven um den Erhalt der fotografischen Sammlung mit seinen und seines Vaters Aufnahmen. Er entschied sich, die Sammlung der Stadt Düren anzubieten, in der Hoffnung, sie dort in guter Verwahrung zu wissen. Rund 900 Glasnegative gingen in die Obhut der Stadt über, die sie im August 1943 zur Sicherung – zusammen mit anderen Archivbeständen – in den Bergfried der Burg Nideggen auslagerte.

Bald nach Beginn des Krieges fielen die ersten Bomben auf Düren, und Robert Ophoven, der sein Atelier in sein Haus Bonner Str. 45 verlegt hatte, fürchtete zunehmend um seine technische Ausrüstung. Als sich Anfang November die Gerüchte einer Evakuierung der Stadt verbreiteten, packte Robert Ophoven seine Ausrüstung zusammen und begab sich mit der Familie nach Husum, wo Theo Ophoven als Soldat stationiert war.

Nach Kriegsende kam Robert Ophoven noch mehrmals in seine nun völlig zerstörte Heimatstadt und dokumentierte ausführlich die Katastrophe. Heimisch wurde er hier nicht mehr; er verstarb am 5. Oktober 1949 im Alter von fast 73 Jahren in Husum und wurde auch dort beigesetzt. Bis 1952 führte Theo Ophoven das Atelier noch in Husum weiter.

Inhalt

Vorwort
Vorgeschichte
   Zwei Brüder – zwei Erfolgsgeschichten
Mathias Ophoven
   Königlicher Hoffotograf
Lucia Ophoven
Atelier Vollendorf
Robert Ophoven
   Silbernes Jubiläum
   75 Jahre Atelier Ophoven
   Fotowerkstätte Ophoven
Theo Ophoven
   Impressionen einer Fotografenkarriere
Schlussbemerkung

144 Seiten
zahlr. Abb., 16,5 x 24 cm, fester Einband
Hahne & Schloemer Verlag, Düren 2018
ISBN 978-3-942513-43-2
Preis: 19,50 €

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