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Stadtmuseum Düren (Hg.)

In großer Zeit. Heimatfront Düren 1914-1918

Bis zum Ersten Weltkrieg hat sich Düren zu einer bedeutenden rheinischen Industriestadt entwickelt. Ihre 36.000 Einwohner sind zum überwiegenden Teil katholisch, die evangelische Gemeinde rekrutiert ihre Mitglieder vor allem aus den Familien der Industriellen, die jüdische bildet eine verschwindende Minderheit. Die Milieus sind geklärt, ebenso die Machtverhältnisse im Stadtrat, der aufgrund des Dreiklassenwahlrechts vom nationalliberalen Großbürgertum dominiert wird.

Der Beginn des „Großen Krieges“ bringt auch hier zunächst Ausbrüche des Patriotismus hervor, die jedoch schnell überlagert werden von den unvermittelt auftretenden, nicht einkalkulierten Begleiterscheinungen, wie Arbeitslosigkeit, Auftragsmangel, Verkehrsproblemen, Rohstoffknappheit, Hamsterkäufen, Versorgungsengpässen und einer rasch ansteigenden Zahl von unterstützungsbedürftigen Familien. Der wachsenden Not kann für eine gewisse Zeit noch mit privaten und öffentlichen Mitteln begegnet werden, begleitet von vor allem aus dem Bildungsbürgertum heraus erzeugten propagandistischen Anstrengungen.

Als die Erkenntnis reift, dass dieser Krieg wohl nicht siegreich bis Weihnachten 1914 beendet sein wird und man sich für längere Zeit auf ein Leben mit dem Mangel einstellen muss, entwickeln sich Strukturen und Mechanismen, die das Leben jedes Einzelnen grundlegend verändern. Den staatlichen Maßnahmen wie Höchstpreisen, Bewirtschaftung und Beschlagnahmen begegnet man mit Schleichhandel und Hamsterfahrten ins Umland – wenn man kann. Sonst bleibt nur stundenlanges, oft genug erfolgloses Anstehen an den – teilweise städtischen – Verkaufsstellen.

Der Dürener Wirtschaft gelingt es in weiten Teilen erstaunlich gut, sich an die neuen Bedingungen und Erfordernisse anzupassen. Unternehmen wie die Dürener Metallwerke oder die Schießwollfabrik haben Hochkonjunktur, aber auch andere Firmen bis ins Handwerk hinein können ihre Produktion auf Rüstungsgüter umstellen. Dass dabei Fremd- und Zwangsarbeiter eingesetzt werden müssen, wird als unvermeidbar hingenommen. Insgesamt erfährt der Arbeitsmarkt in jenen Jahren eine grundlegende Veränderung.

Nicht erst der sogenannte „Steckrübenwinter“ 1916/17 macht die gravierenden Auswirkungen des Mangels in allen Bereichen auf die Gesundheit der Bevölkerung deutlich. Besonders die Kinder tragen durch die unzureichende Kleidung und Ernährung bleibende Schäden davon, die Abwesenheit der Väter und die Überbeanspruchung der Mütter durch Berufstätigkeit und Haushalt führt in wachsendem Maße zu Verwahrlosung der Jugend. Nur einer geringen Zahl kann durch die Kinderlandverschickung eine Verbesserung ihres Allgemeinzustands ermöglicht werden.

Mit dem englischen Flieger-Angriff auf die Stadt am 1. August 1918 ist auch Düren endgültig zum „Frontgebiet“ geworden. Längst schon ist der „Heldentod“ von Angehörigen traurige Alltagserscheinung, die Nachrichten von der Front über Feldpost oder Erzählungen von Urlaubern lassen kaum Hoffnung auf einen günstigen Ausgang des Krieges aufkommen. Nur ein letztes Aufbäumen symbolisiert da im Herbst 1918 das beste Dürener Ergebnis aller bisherigen Kriegsanleihen. Die „Spanische Grippe“ schließlich wirkt wie eine Strafe Gottes für das verwerfliche Tun aller Kriegsparteien.

 

Inhalt

Band I

Zur Konzeption dieses Buches 8
von Bernd Hahne
 

1. Die Stadt und ihre Milieus

»Throne, die für ewige Zeiten Bestand haben sollten …«
Düren an der Schwelle zur Moderne? 12
von Bernd Hahne
»… das Gelöbnis unverbrüchlicher Treue und Anhänglichkeit an Euere Majestät«
Politik und Verwaltung in der Stadt Düren 22
von Bernd Hahne
»In der jetzigen Lage sind wir abhängig …«
Düren will kreisfreie Stadt werden 38
von Bernd Hahne
»… bitten wir edeldenkende Menschen uns bei der Beschaffung einer Wohnung behülflich zu sein«
Bevölkerungsentwicklung und Wohnungsbau in der Stadt Düren 42
von Bernd Hahne
»Der diesjährige Haushaltsvoranschlag ist ein glänzender zu nennen«
Die Entwicklung der Stadtfinanzen 62
von Anita Schoeller
»Es ist in den Betriebsverhältnissen ein entschiedener Rückgang zu verzeichnen«
Die Lage der Dürener Industrie vor dem Ersten Weltkrieg 76
von Bernd Hahne
»Von der Wiege bis zum Grabe«
Die christlichen Milieus in Düren 86
von Anne Krings
»… daß die deutschen Juden sich wieder auf sich selbst besonnen hätten«
Die jüdische Gemeinde 100
von Bernd Hahne

2. Der Krieg hält Einzug

»Wir wollen keinen Krieg, aber er ist unvermeidlich«
Die Entwicklung der Gefühlslage in den Wochen rund um den Kriegsbeginn 108
von Bernd Hahne
»I want to break free«
Lebensskizze von Lucy Hoesch-Ernst 118
von Christel Kreutzer und Anita Schoeller
»Sehr gedämpft ist allerdings unsere Freude …«
Düren wird (endlich wieder) Garnisonsstadt 128
von Hartmut Böllert
»Konnt‘ ich noch nicht Waffen tragen, half ich doch die Feinde schlagen«
Die Instrumentalisierung der Jugend 138
von Rolf Terkatz
»Der Prozentsatz der Tauglichen hat abgenommen …«
Das System der Musterung und Einberufung 162
von Hans-Peter Höner
»Die Front draußen aber wird halten, wenn die Heimatfront hält«
Der Krieg hält Einzug in die Stadt 166
von Bernd Hahne
»Denke daran, Düren, was unsere braven Soldaten gerade für dich getan«
Verwundetenversorgung und Kriegslazarette in Düren 190
von Christel Kreutzer und Anita Schoeller
»Der Krieg wird uns zum Segen werden«
Dürens Kirchen und der Krieg 224
von Anne Krings
»Des Deutschen schönstes Los, das Schwert zu führen …«
Lokale Ausformungen der nationalen Propaganda 248
von Bernd Hahne
»Gegen die Ausländerei«
Der Allgemeine Deutsche Sprachverein in Düren bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 272
von Anne Krings

3. Alles für den Sieg

»… indem sie sich den Verhältnissen entsprechende neuartige Absatzgebiete verschafften«
Die Dürener Industrie zwischen Rüstung und Rohstoffmangel 288
von Bernd Hahne
»Der Bedarf an Sprengkörpern ist äusserst dringend«
Die Dürener Schießwollfabrik während des Ersten Weltkriegs 308
von Bernd Hahne
»Eine Liquidation des Unternehmens ist nicht im Interesse der deutschen Volkswirtschaft«
„Dr. Deimel‘s Maschenleinen-Fabrik“ unter Zwangsverwaltung 318
von Bernd Hahne
Anmerkungen Band I 324

Band II

»In allen Industriezweigen hat sich ein Mangel an Arbeitern fühlbar gemacht«
Die Umwälzungen des Arbeitsmarktes durch die Kriegswirtschaft 350
von Bernd Hahne
»Geistiger Tiefstand … und Mangel an Rechtsempfinden«
Der Einsatz von Fremdarbeitern und Kriegsgefangenen 362
von Bernd Hahne und Hanspeter Höner
»Die deutsche Frau in großer Zeit«
Berufstätige Frauen in Düren vor und während des Krieges 374
von Sarah Höner
»Zum Glück für die Bevölkerung besteht in Düren ein Konsumverein«
Der Dürener Konsum- und Sparverein bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 424
von Bernd Hahne
»Gebt dem Handwerk Arbeit!«
Die Situation des Handwerks in der Stadt Düren 436
von Bernd Hahne
»Mich Ihrem ferneren Wohlwollen empfehlend, verbleibe freundlich grüßend als Ihr ergebener …«
Das Stadthaus der Erben von Geheimrat Philipp Schoeller – Bericht einer Spurensuche 458
von Anita Schoeller und Christel Kreutzer
»… auf den Altar des Vaterlandes gelegt«
Die Mobilisierung privater und öffentlicher Vermögen 478
von Hartmut Böllert
»Vergeblich sind die Anstrengungen Deutschlands zahlreicher Feinde«
Der Kampf um die Rohstoffe 488
von Sarah Höner
»Mein Papier, du bist ein herrlich Sach!«
Papier – Dürens besonderer Stoff 506
von Christel Kreutzer und Anita Schoeller
»Das Ergebnis der Ernte wird für den glücklichen Ausgang des Krieges von entscheidender Bedeutung sein«
Die landwirtschaftliche Produktion 524
von Sarah Höner

4. Leben mit dem Mangel

»Es gibt wohl keinen treffenderen … Ausdruck für die jetzige Zeit wie ,Durchhalten‘!«
Die Entwicklung der Ernährungslage in der Stadt Düren 566
von Sarah Höner
»Man könnte fast von einem Fetisch der Organisation sprechen«
Die Verwaltung des Mangels 626
von Sarah Höner
„Eines der schwierigsten, undankbarsten und sorgenvollsten Arbeitsgeschäfte“
Die Lebensmittelversorgung durch die Kommunen 652
von Bernd Hahne und Hans-Peter Höner
Anmerkungen Band II 682

Band III

»Was sind wir doch alle prachtvoll sparsame und nüchterne Menschen geworden!«
Kriegsfürsorge in der Stadt Düren 706
von Bernd Hahne
»… daß aus mannigfachen Gründen Krankheiten aller Art sich einschleichen«
Die gesundheitliche Entwicklung der Dürener Bevölkerung 730
von Sarah Höner
»Das Sterben war eine Alltagssache, mehr noch als die Geburten, die seltener wurden«
Säuglingssterben im Ersten Weltkrieg 746
von Sarah Höner
»Wie groß war doch heute die Freude«
Ein Säuglingsheim für Düren 774
von Sarah Höner
»Gute Luft und endlich wieder genug zu essen«
Kinderlandverschickung im Ersten Weltkrieg 788
von Sarah Höner
»Nach kurzer, schwerer Krankheit«
Die Spanische Grippe und ihre Auswirkungen auf Düren 812
von Sarah Höner
»Erziehet Eure Kinder! Sie dürfen nicht verwildern!«
Kindheit und Jugend im Ersten Weltkrieg 832
von Sarah Höner
»Vielleicht wird alles leichter, wenn es zu Papier gebracht ist«
Aus dem Leben der „Büglerskinder“ Lejeune 854
von Christel Kreutzer und Anita Schoeller

5. Dulce et decorum est …

»… die Lebensplanung in den Grundfesten erschüttert«
Einheiten mit Dürenern 864
von Hans-Peter Höner
»Schreibe doch immer ausführlich in den Sendungen, mir ist jede Zeile lieb«
Feldpost während des Ersten Weltkriegs 868
von Lisa Haßler
»Mein einziger Beruf gilt den Kindern …«
Die Feldpostbriefe des Hubert Hoverath 880
von Ines Schnitzler
»Du solltest etwas ganz Großes erleben dürfen!«
Tagebücher während des Ersten Weltkriegs 890
von Lisa Haßler
»Und dann kämen die Soldaten wieder und alles Morden hört auf«
Professor Dr. Gottfried Hausmann – eine Kriegskindheit des Jahrgangs 1906 894
von Gabriele Gehlen
Militärische Lebensläufe 918
von Christel Kreutzer und Anita Schoeller
Alfred Hoesch (1896-1918): »Ein Abschied für immer« · August Budde (1896-1915): »Unser einziger Sohn« · Gottfried Pütz (geb. 1886): Nach Trommelfeuer »in völlig verworrenem Zustande« · Hans Guder (1898-1979): »Flandern wurde mir das ganz ,große‘ Kriegserlebnis« · Helmuth Schüll (1882-1915): »Der Gegensatz zu den schönen Erinnerungen war zu krass« · Josef Breinig (1896-1974): »Wir lagen da und bewegten das Gewehr nur rauf und runter«
»Über das Maß der Pflicht hinaus …«
Jüdische Kriegsteilnehmer 960
von Hansjörg Dahmen und Bernd Hahne
»Die Stadt Düren kann stolz darauf sein, ein so tapferes Regiment zu seiner Garnison zu zählen«
Orden und Ehrenzeichen 970
von Hans-Peter Höner
»Wer will Gottes Wege durchforschen?«
Das Eisenbahnunglück im Dürener Bahnhof vom 11. Dez. 1917 972
von Felix Röhlich und Bernd Hahne
„Gehet nach Düren auf längere oder kürzere Zeit“
Kriegsblinde und ihre Behandlung in Düren 974
von Joanna Ayaita
»Der Kaiser tut uns alle erschießen!«
Psychiatrie im Ersten Weltkrieg 988
von Lisa Haßler
»Die heranwachsende Jugend übte in heulendem Ton das Alarmsignal der Sirenen«
Die Gefahr aus der Luft 996
von Hans-Peter Höner
Anmerkungen Band III 1032
Personenregister 1049
Quellen und Literatur 1059

 

3 Bde., zus. 1060 Seiten (keine Abgabe von Einzelbänden)
zahlr. Abb., 22,0 x 26,5 cm, fester Einband, 2 Lesebändchen
Beigefügt eine CD "Verstorbene Militär- und Zivilpersonen der Stadt Düren 1914-1918"
Hahne & Schloemer Verlag, Düren 2021
ISBN 978-3-942513-40-1
Preis: 39,95 €

ACHTUNG: Bei diesem Produkt berechnen wir aufgrund des großen Gewichts 6,50 € Porto- und Verpackungskosten.

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